Am 21.6.2022 hat das MRE-Netz Rhein-Main sein 12-jähriges Bestehen gefeiert. Zur Geburtstagsfeier dankte die Leiterin des Netzwerks, Frau Prof. Ursel Heudorf den zahlreich erschienenen Vertretern der inzwischen über 350 Mitglieder für ihren stetigen Einsatz und ihr Engagement. „Gemeinsam als Netzwerk haben wir in den letzten Jahren viel erreicht. Während der COVID-19-Pandemie sind die antibiotikaresistenten Erreger (MRE) zwar aus den Schlagzeilen, nicht jedoch aus unserem Leben verschwunden. Die Arbeit der MRE-Netzwerke bleibt dadurch weiterhin wichtig“, so Heudorf.
„Multiresistente Erreger schlafen nicht“, war auch die Botschaft im Grußwort von Frau Anne Janz, Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration. MRE haben sich zu einem enormen gesundheitlichen Problem entwickelt, das laut einer renommierten wissenschaftlichen Zeitschrift größer als HIV/AIDS, Gruppe und Tuberkulose geschätzt wird. „Weltweit versterben ca. 1,5 Millionen Menschen an einem multiresistenten Erreger. Besonders gefährdet sind Kinder und ältere Menschen. Die MRE bleiben ein „gefährlicher Riese“. Hier haben wir Verantwortung für die öffentliche Gesundheit. In dieser Verantwortung finanziert das Hessische Sozialministerium die Arbeit der vier Hessischen MRE-Netzwerke mit knapp 100.000 € im Jahr. Das ist gut angelegtes Geld für die Gesundheitsvorsorge der Bürgerinnen und Bürger in Hessen“, so Staatssekretärin Janz.
„Multiresistente Erreger – Die vergessene Pandemie“ lautete der Titel des Festvortrags von Dr. Christian Zinn, Zentrum für Hygiene und Infektionsprävention, Bioscientia. Christian Zinn ist nicht nur langjähriger und wichtiger Partner und Motivator des MRE-Netz Rhein-Main, sondern auch durch seine persönliche Geschichte mit dem MRE-Netz Rhein-Main verbunden: Sein jüngster Sohn Florian und das Netzwerk haben am selben Tag Geburtstag, dem 11.6.2010. Zinn betonte, dass MRE die Herkulesaufgabe der nächsten 20 Jahre bleibt.
Der seit mehr als 30 Jahren bekannte MRSA (Methicillinresistenter Staphylococcus aureus) habe in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung verloren. „Das ist kein Zufall. Das ist ein klarer Erfolg der Netzwerkarbeit“ so Zinn. „Diese Verbesserung erspart nicht nur menschliches Leid, sondern auch Kosten für Screening, Isolierung und Desinfektionsmaßnahmen“. Auch wenn man MRSA nicht verharmlosen dürfe, sei MRSA inzwischen zu einem „guten, alten schrulligen Bekannten“ geworden, den er bildhaft „auf der hellen Seite des Mondes“ verortete. Zu warnen sei aber vor den MRGN (multiresistente gramnegative Erreger) „auf der dunklen Seite der Nacht“, die weiter zunehmen. „Diese kleinen MRE-Biester“ entwickeln ständig neue Resistenzen gegen die verfügbaren Antibiotika, was sie enorm gefährlich macht. Ein sachgerechter, zurückhaltender Einsatz von Antibiotika ist erforderlich.
Zinn lobte die Materialien, Daten und Publikationen des MRE-Netz Rhein-Main. Die eingängigen und kompakten Flyer des Netzwerks sind inzwischen in vielen Regionen Deutschlands übernommen worden. Auch die Studien des Netzwerks seien weit über die Region wichtig. Er freue sich, bei seinen Beratungen in ganz Deutschland stets sagen zu können „Schaut nach Frankfurt, schaut ins MRE-Netz Rhein-Main. Die haben Daten!“.
Zinn verwies darauf, dass in der COVID-19 Pandemie nicht zuletzt durch staatliche Förderung Impfstoffe so rasch hergestellt wurden wie nie. Er forderte auch für die Entwicklung von Antibiotika national und international eine staatliche Unterstützung.
Weiterhin wichtig bleibt aber eine gute Hygiene, insbesondere Händehygiene, denn „MRE sind faul, sie lassen sich herumtragen“, so Zinn. Aber auch bei der Flächenreinigung und –desinfektion sei in den medizinischen Einrichtungen noch einiges zu verbessern. Dies bestätigte auch Frau Prof. Heudorf. „Die Reinigung und Flächendesinfektion ist leider weiterhin ein Stiefkind in der Krankenhaushygiene. Das ist ein Risiko in dem komplexen System Krankenhaus. Deswegen hatte ich – auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Verbreitung der MRE – die „Fachkraft für Krankenhausreinigung“ gefordert“. Im Rahmen der Feierstunde erneuerte sie diese Forderung und bat Frau Janz, dieses Thema in die Gesundheitsministerkonferenz der Länder einzubringen.
Abschließend dankte Frau Prof. Heudorf den Rednern für den „Ansporn, auf dem eingeschlagenen Weg weiter zu machen. Wir wollen auch aus der COVID-19 Pandemie lernen. Die strengen, eingrenzenden Vorgaben haben die Lebensqualität und das Selbstbestimmungsrecht gerade der alten Menschen in den Heimen stark eingeschränkt. Die Menschen erlebten Kontrollverlust, Stigmatisierung und berichteten von Perspektivlosigkeit und verlorenem Lebensmut. Hier wie auch bei MRE müssen wir angemessene Empfehlungen im besten ethischen Sinn erarbeiten – in kluger Abwägung von Infektionsprävention und Lebensqualität und Gesundheit“